Duft löst Bienenattacke aus

Sie stechen nicht, aber sie können nerven. Eine der kleinen schwarzen Bienen versucht, in mein Ohr zu kommen. Ihre Kollegen verzwirbeln sich in meinen Haaren. Eine ist am Mundwinkel. Nein, ich sage nichts, will ihr kein Öffnung bieten. Am Anfang habe ich noch versucht, still dazustehen. Bisher hat das immer geholfen. Jetzt sind die Mandaguaris aber so aufgebracht, dass nichts mehr hilft. Ich renne den holprigen Waldpfad hinauf und sie umschwirren wie ein fliegender Hut brummend meinen Kopf. Irgendwann geben sie auf, fliegen zu ihrem Nest zurück.

Biennenest in Baumhöhle mit
Trompete als Eingang.
Ihr Nest haben wir schon vor ein paar Jahren entdeckt. Für ihr Schloss haben sie einen Baum unweit unseres Waldpfades ausgesucht, der zum Sumpf hinunter führt. Auf sie aufmerksam geworden sind wir durch ihr Gesumme und die Ansammlung der Bienen vor dem Baumstamm. Attackiert haben sie uns bisher noch nie. Nur der Schorschi, der hatte weniger Glück. Zu dritt sind wir einmal den Pfad entlang gestapft, als sie plötzlich auf ihn losgegangen sind. Nur auf ihn, wohl gemerkt. Irgendein Duft, Deo, Parfüm Schorschis muss sie irritiert haben. Uns haben sie jedenfalls in Ruhe gelassen.

Auch jetzt war es wieder ein Duft, der sie aus dem Häuschen gebracht hat. Am Vormittag haben sie mich noch völlig ignoriert. Da stand ich vor ihren imposant angewachsenen Eingang zu ihrem Nest, habe das Handy davor gehalten und fotografiert. Summ, summ. Nichts hat sie gestört.

Am Nachmittag wollten wir in der Nestnähe Bienenfallen aufhängen, in dem Versuch, das gigantische Volk der Pollensammler zu teilen und für die Honigproduktion zu gewinnen. Ich hatte Alessandro noch gebeten, die nach Propolis riechende Flasche vorher abzulegen, damit ich sie für eine genauere Artbestimmung noch einmal fotografieren kann. Über einen Internetkontakt hatten wir versucht, herauszufinden, um welche Art es sich handelt. Die von mir vorher gemachten Fotos hatten für eine eindeutige Identifizierung der Bienen nicht ausgereicht. Neue Fotos sind mir aber nicht gelungen.

Als ich zwei Meter von ihrem Bau entfernt war, kam die erste der kleinen, schwarzen Bienen und setzte sich auf meine Hand. Sie hat wohl die anderen alarmiert. Die kamen so schnell, dass ich gar keine Zeit hatte, an irgendeine Verteidigungsstrategie zu denken. Sie haben mich nicht gestochen. Unangenehm ist einfach nur ihr Versuch in Ohren, Nase, Mund einzudringen oder sich in den Haaren einzurollen.

Später lese ich in einem Handbuch zur Zucht stachelloser Bienen den Tipp, die Ohren mit Watte zu verstopfen. Da steht auch, dass die Mandaguaris einen sehr schmackhaften Honig produzieren. Der Baum muss voll sein davon. Es ist ein riesiger Schwarm. Laut Fachliteratur kann ein Mandaguarinest zwischen 5.000 und 20.000 (!) oder mehr Bienen beherbergen.

Ihren Eingang bauen die stachellosen Bienen aus Wachs. Jede
Art baut eine typische Form. "Unsere" Mandaguari
hat eine riesigeTrompete gebaut.
Um welche Mandaguariart es sich genau handelt, wissen wir noch nicht. Anhand der Fotos und unserer Lokalisation meinte eine der Expertinnen, dass es eine Mandaguari amarela (Scaptotrigtona xanthotricha) wäre. Die hat aber rötliche Beinchen. Die der unseren sind schwarz. Ein anderer tippt auf Mandaguari canudo (Scaptotrigona postica). Deren Vorkommen ist für den Küstenbereich Paranás bisher aber noch nicht nachgewiesen. Dazu kommt, dass sich die Arten der Scaptotrigona untereinander kreuzen.

Vielleicht ist es aber auch eine ganz neue Art. Trotz den Anstrengungen in den vergangenen Jahren gibt es zu den heimischen Bienen Brasiliens noch etliche Wissenslücken und werden immer wieder neue Arten registriert.

Die stachellosen Bienen Brasiliens bauen typische Eingänge zu ihren Nestern in hohlen Bäumen. Unsere hat aus Wachs eine riesige Trompete geformt. Beide der genannten Scaptotrigonas machen ähnliche Eingangstrompeten.

Immerhin wissen wir jetzt aber, dass es eine Mandaguari sein muss. Welche genau es ist, werden wir schon irgendwann herausfinden. Heute waren unsere Bienlein jedenfalls wieder friedlicher. Alessandro hat die Falle in ihrer Nähe an einem Baum aufgehängt. Jetzt heißt es abwarten und hoffen, dass sie dort eine "Außenkolonie" anlegen werden.

Weil etliche der stachellosen Bienenarten Brasiliens bereits vom Aussterben bedroht sind, widmen sich mittlerweile mehrere Projekte deren Schutz. Ein paar davon stelle ich im Brasilienportal und im Amazonasportal vor:





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