Weihnachtsrasen




Früher hätte ich gesagt, kaum ist Weihnachten rum, schon lacht Ostern. Jetzt hat sich Ostern aufgelöst, überrannt von der staaden Zeit. Weihnachten hat sich selbst überholt. Bevor es auch nur annähernd rum ist, steht es schon wieder vor der Tür.
Wo ist die Zeit dazwischen hin? Was habe ich gemacht an den 366 Tagen, die es dieses Mal waren, die angeblich ein Weihnachten von dem anderen getrennt haben?
Ich werde mich an eine kleine, keineswegs vollständige Auflistung wagen.
In der Weihnachtszwischenzeit habe ich
  • 732 mal mit den Hunden im Wald einen Gassispaziergang eingelegt.
  • 52 mal einen Ausflug in die Stadt unternommen, um Gemüse, Nudeln, Milch und Klopapier zu kaufen. Weil ich ja nicht alles in einem Laden kaufe, wäre ich damit mindestens einhundertmal an einer Kasse gestanden.
  • 130 mal Wäsche gewaschen, mit meiner neuen Wäscheumwälzmaschine. Ein einfaches, aber tolles Teil, mit dem ich das Waschbrett in den Ruhestand schicken konnte - dem Anschluß an die öffentliche Wasserversorgung im Januar sei Dank. Der hat uns allerdings einiges an Arbeit gekostet. Weil der Druck zu ungleichmäßig und groß ist, hat es uns etliche Male im und rund ums Haus die Leitung zerrissen. Jetzt haben wir die Plastikrohre dank Geraldos Tipp durch einen Hochdruckschlauch ersetzt.
  • 365 mal morgens aus der Hängematte herausgeblinzelt. Nur einmal, da war es so kalt, dass ich zu Alessandro ins Bett gekrochen bin, um mich aufzuwärmen. Danach haben wir beschlossen, einen geziegelten Ofen zu bauen. Der war auch prompt fertig, als es wieder wärmer wurde. Der Frost hat indes etlichen der Bananenstauden, dem Abiu-Baum, der Taioba und den Maña-Cubiu arg zugesetzt. Einige von ihnen mussten wir umschneiden und zu Kompost verarbeiten.
  • 300 mal mit Yoga Körper und Geist verwöhnt und zweimal dabei das Kreuz verrissen.
  • 17 mal Schwammerl geerntet. Auf präparierten Eukalyptusstämmen gewachsene Shitake, auf Spezialpräparat gesprossene brasilianische Austernseitlinge und braune Austernseitlinge zu leckerer Schwammerlsuppe mit Semmelknödel verarbeitet und mich damit in die Heimat zurückgesetzt gefühlt.
  • 102 mal Riesenechsen, Schmetterlinge, Raupen, Jacu, Sperber, Perigitos (kleine Papageien), Schlangen und anderes Getier fotografiert. Dank Milena werden die Fotos jetzt auch schärfer. Sie hat uns ihre alte Digitalkamera überlassen. Die ist blöderweise nicht immer zur Hand, wenn wir mal wieder Naturwunder betrachten, wie die kleine Bande Kapuzineraffen (Macaco prego), die sich hoch oben in den Baumwipfeln über die Bromelienherzen hergemacht hat. Alessandro hatte zuerst nur den Lärm vernommen, brechende Zweige, tropfendes Wasser, raschelnde Blätter. Dann hat er die schwarzen und braunen Affen entdeckt. Kurz später sind wir wie die Kinder unter den Bäumen gestanden, um die macacos beim Verspeisen der Bromelien zu beobachten. Es war das erste Mal, dass wir hier bei uns Affen zu Gesicht bekommen haben. Von ihnen herunter geworfene, ausgezutzelte Bromelienblätter habe ich indes schon öfter zu Hauf auf dem Waldboden entdeckt.
  • dreimal die Suçuarana (Puma) rufen gehört, leider aber nicht gesehen.
  • achtmal Bambus umgeschnitten und einen kleinen Vorrat angelegt, der schon wieder verschwunden ist, in Pergola, Blumentöpfe, Elemente für Hundezwinger, Bambusbrunnen, Plakatwand (Outdoor) und Lampen verwandelt. Als nächstes steht die Bambussprossenernte an. Dieses Mal will ich über Elianes Kooperativen-Fabrik ein paar von ihnen zu Konserven verarbeiten und an hiesige Restaurants verkaufen.
  • 18 mal Baumaterial eingekauft, zwei Holzschiebefenster gesägt, zusammen gebastelt, eingebaut und eins von ihnen probeweise orange, blau und weiß angemalt und ein bißchen Bunt in unser grünes Meer gebracht. Angefangen, einen neuen Sitzplatz neben dem Haus anzulegen. Dutzende Fliesenreste in kleine Quadrate geschnitten und ein Mosaik für die Küchenzeile an die Wand gezaubert. Die Küchenzeile selbst werde ich im nächsten Jahr bauen.
Wie das alles zwischen Weihnachten und Weihnachten hinein gepasst hat, ist mir ein Rätsel. Irgendwie waren wohl die kleinen Zeitgeister am Werk.
Egal.

Bevor ich es wieder verpasse, weil ich mich auch nach 12 Jahren noch nicht an warme Weihnachten gewöhnt habe, wünsche ich euch allen jetzt erst einmal 

ein wunderschönes Weihnachtsfest! 
Lasst es euch gut gehen und genießt das Leben!

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